Kompromiss

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Deutscher Bundestag
Petitionsausschuss
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Rehabilitierung von Bürgern der ehemaligen DDR
Pet 4-17-07-35-043015
Ihr Schreiben vom 16. 01. 2013

Sehr geehrte Frau Liebich,

Sie schrieben, dass das neue Rehabilitierungsgesetz bewusst keine Klassifizierung der Opfer vorsieht. Sie haben mich missverstanden, wenn Sie meinen, dass ich mit meiner Petition erreichen will, dass der Gesetzgeber eine Klassifizierung vornehmen soll zum einen in politische Täter, Widerstandskämpfer, Kämpfer für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, gegen kommunistische Unfreiheit und zum anderen in Opfer, die in rechtsstaatswidriger Weise nach allgemeinem Strafrecht verurteilt wurden, wozu auch gehört, dass Freiheitsstrafen unangemessen zu hoch angesetzt wurden.

Aber wenn Sie das Thema schon anschneiden und mir so ausführlich erläutern, möchte ich Ihnen antworten, dass ich eine Klassifizierung gar nicht so absurd fände, weil das bei den Opfern des Nazi-Regimes genau so gemacht wurde:

Entschädigungsrentengesetz: Ehrenpension von 717,50 Euro für Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus.

Entschädigung von NS-Unrecht: Besondere Zuwendung von 250 Euro für Opfer des NS-Unrechts (Seite 23-25: „psychiatrisch Verfolgte“, Euthanasie-Opfer, Homosexuelle, Vorbeugehaft für „Berufs- und Gewohnheitsverbrecher“, vorbeugende Maßnahmen für „Arbeitsscheue“, „Arbeitsverweigerer“, „Landstreicher“ und „Asoziale“, Opfer der NS-Gerichtsbarkeit).

Bei der besonderen Zuwendung für SED-Opfer lehnte der Gesetzgeber sich an die zuletzt Genannten an und vergaß, dass es auch politische Kämpfer gegen den Kommunismus und Verfolgte des Kommunismus gibt, die in Analogie zu den zuerst Genannten ja mehr bekommen könnten. Manchmal wird der Kommunismus ja auch als roter Faschismus bezeichnet. Die Frage ist, ob man beide Faschismus-Formen gleichsetzen kann. Ich tue das, indem ich sage: Was beim Nazi-Faschismus der Rassenwahn ist, ist beim roten Faschismus der Klassenwahn. Der Klassenwahn verursachte 100 Mill. Tote.

Der CDU-Politiker, Bundestagsabgeordnete und früherer Bürgerrechtler in der DDR, Herr Arnold Vaatz, schrieb mir am 27. März 2007 einen Brief. Er erläuterten im Schreiben den Gesetzentwurf zur SED-Opferrente und teilten mir mit, dass das anstehende Gesetzgebungsverfahren jedem die Möglichkeit gibt, seine Meinung einzubringen, dass er (Vaatz) und seine Fraktion dann gesprächsbereit seien, wenn sie Spielräume übersehen oder nicht genügend ausgeschöpft haben sollten – immer jedoch unter der Prämisse der Gleichbehandlung der Opfer von vor 1945 mit den Opfern nach 1945 -, und dass er denkt, dass sich sein Koalitionspartner (SPD) davor nicht verschließen wird.

Auch wenn Herr Vaatz bei der Gesetzgebung immer die Prämisse der Gleichbehandlung im Auge hat, muss der Gesetzgeber meinetwegen solch eine Klassifizierung, wie sie bei den NS-Opfern stattfand, bei den SED-Opfern nicht unbedingt einführen, zumal sich unter den rechtsstaatswidrig Verurteilten ja auch politische Kämpfer gegen den Kommunismus befinden können und der unpolitische § 249 – „Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten“ manchmal auch zur Unterdrückung gerade dieser Kämpfer missbraucht wurde.

Vielleicht könnte man ja statt zu klassifizieren einen Mittelweg bei der Höhe der Rente finden? Der Mittelweg zwischen 250 und 717,50 Euro würde bei 500 Euro liegen. Das ist ein Betrag, den Linke und Grüne im Landrat Mecklenburg Vorpommern im Jahre 2012 vorschlugen: Ostseezeitung 09.10.2012, bzw. die CDU im Jahre 2000: Drucksache 14/3665-114/3665-2b14/3665-314/3665-4

Weiterlesen:
276. An den Bundesvorsitzenden der UOKG bzw. der VOS Rainer Wagner zum Thema SED-Opferrente
273. Antwort auf Petition “SED-Opferrente verdoppeln” – Stellungnahme von R.K.
264. Petition “SED-Opferrente verdoppeln” wird erneut bearbeitet
263 Weitere Petition liegt vor
262. Wie sollte die Stellungnahme der VOS- und UOKG-Bundesvorstände zum Referentenentwurf des BMJV zur Opferrente aussehen?
261. 50 Euro mehr – Fünftes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR
259. Petition – SED-Opferrente/Ehrenpension – neu im Gespräch
185. Petition – Freigekaufte DDR-Häftlinge neu überprüfen – SED-Opferrente verdoppeln

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